Ein Bericht aus der Vergangenheit: Der neue Berliner Airport BER sollte am 3. Juni 2012 eröffnet werden. Wie wir heute wissen wurde daraus nichts, erst im Oktober 2020 wurde der neue BER eröffnet. Nachdem der Flughafen Tempelhof schon 2008 geschlossen wurde, folgte Tegel dann 2020 so dass der neue Großflughafen BER der einzige Berliner Flughafen ist. Wobei der BER gar nicht auf Berliner Gebiet liegt, sondern in Brandenburg.
Eine Landebahn des bisherigen Flughafens Schönefeld (SXF) wird beim neuen Flughafen weiter benutzt. Eine weitere, neu gebaute, in Betrieb genommen.
Schon seit November 2011 fanden Probebetrieb statt. Dabei wurden viele Prozesse wie Check-in mit Gepäckaufgabe, Sicherheitskontrolle, Boarding, Gepäckabholung und Transfer geprobt. Vom 24.1. bis 16.5.2012 wurden etwa zweimal wöchentlich Probeläufe mit Statisten durchgeführt, die die Reisenden spielen und dabei den Fluggastabfertigungsprozesse im Terminal simulieren.
Schon im Juni 2011 hatte ich mich für den 35. Probebetrieb am 3. April 2012 angemeldet und auch eine Zusage erhalten. Es war ein gewisses Pokern, auch frühzeitig eine bezahlbare Pauschalreise mit „Ab in den Urlaub Gutschein“ nach Berlin zu buchen, denn der Termin hätte durchaus auch verschoben werden können. Für Berliner wäre das kein großes Problem gewesen, für mich aber schon. Zwei Wochen vor dem Termin kam dann noch eine Erinnerungs-email und damit war klar, dass der Termin steht.
von Wolfgang Hesseler
Der Treffpunkt ist um 8:30h morgens am Airport Schönefeld. Mit Bussen werden wir Flughafen-Tester zum neuen Terminal gefahren. Auf der zehnminütigen Fahrt sehe ich, dass die Bahnlinie zum neuen Airport offenbar schon fertig ist, was man vom Terminal nicht behaupten kann. Schon von außen ist die noch rege Bautätigkeit zu erkennen.
Geschätzte 200 Komparsen finden sich für die Tests ein, wobei die Rentner deutlich über repräsentiert sind. Naturgemäß kommen die meisten Leute aus Berlin und Umgebung. Wir werden in ein Zelt vor dem Terminalbau geführt. Nach Vorzeigen des Ausweises zusammen mit der Bestätigung bekommt jeder einen grünen Schutzhelm ausgehändigt, eine grüne Weste mit Aufschrift „ORAT Flughafen-Tester“, ein Umhängeband mit Aufschrift „Komparse Probebetrieb 24.01 bis 16.05“ und einer Identifikationsnummer, dazu eine Essensmarke für das Mittagessen.
Ein Schutzhelm? Ja, es sei noch Baubetrieb und daher müsse der Helm zur Sicherheit getragen werden, wie man uns in der Einführung erzählt. Heute werden der Check-in von easyJet, Finnair, Lufthansa und Air Berlin geprobt, sowie der Transfer aus einem non-Schengen Gebiet in ein Schengen-Gebiet. Hierfür werden wir in Gruppen eingeteilt. Ich bekomme zwei Zettel mit den Infos: Ich soll bei easyJet einchecken, nach Genf soll es gehen. Und zum Einchecken bekomme ich eine neue Identität. Genau genommen zwei, denn ich soll zweimal hintereinander einchecken. Frau Andrea Howett und Frau Klara Himmel bin ich. Diese Daten sind im Buchungssystem hinterlegt und bei den Testläufen identisch. Dazu bekomme ich noch die Info, dass ich den Bag Drop nutzen soll. Andere Tester bekommen noch Ereigniskarten wie Upgrade beim Check-in oder Speedy Boarding bei easyJet.
Nach der Einführung werden wir in die Terminalhalle geführt. Mein erster Eindruck: Eine Megabaustelle. Später im Sicherheitsbereich sieht es noch krasser aus. Hier sind manche Bereiche noch komplett eingerüstet. Und das soll in zwei Monaten fertig sein? Da müssen aber noch Sonderschichten eingelegt werden. Zwar ist noch vieles zum Schutz vor dem Staub zu gehangen, aber ein Eindruck lässt sich dennoch gewinnen: Es ist eine große Halle ohne architektonische Highlights, ein Zweckbau. Die Check-in Schalter und die Wände sind im dunklen Holzdesign gehalten. Auf mich wirkt es nicht einladend, das Terminal wirkt zu dunkel. Leider sind keine Fotos erlaubt, so dass ich hier keines zeigen kann.
Der Check-in soll mit Koffern durchgeführt werden. Dazu gibt es einen Berg von Koffern, die dem Zustand nach zu urteilen entweder aus verloren gegangenem oder beim Transport kaputt gegangenem Gepäck akquiriert wurden. Jedem wird die geforderte Anzahl an Koffern auf den Kofferkuli geladen, dann geht es zum Check-in. Die Check-in Agenten sind keine Neulinge, sondern arbeiteten normalerweise in Tegel oder Schönefeld und wurden nur auf die neue Umgebung geschult. Entsprechend reibungslos verläuft der Check-in. Nachdem man sich neue Koffer geholt hat und ein zweites Mal eingecheckt hat, geht es in den Sicherheitsbereich. Davor positioniert ist eine normale Sicherheitskontrolle mit Transportband und üblichem Röntgengerät, sowie ein Metalldetektor. Auch hier verläuft wieder alles ganz routiniert. Mit Ausnahme des Flüssigkeitsverbots, das hier nicht betrachtet wird, ist dies eine normale Sicherheitskontrolle. Durch eine Baustelle geht es dann zum „Abfluggate“. Dieses ist schon weitgehend fertig und liegt im endgereinigten Bereich, etwa zehn Minuten von der Sicherheitskontolle enfernt.
Nach der Mittagspause darf ich dann zweimal Economy mit der Lufthansa nach Oslo „fliegen“ und dabei jeweils zwei Koffer mitnehmen. Leider kann ich den Transit nicht testen. Zum Abschluss wird noch ein Fragebogen ausgegeben, in dem man seine Meinung zum neuen Airport kundtun kann. Zudem gibt es ein Geschenkpaket u.a. mit BER Kaffeetasse, Schreibblock und Kugelschreiber, BER Umhängern, easyJet Nackenkissen und einem Gutschein für die BER Besucherterrasse.
Mir hat meine „Arbeit“ als Komparse Spaß gemacht und ich konnte so den neuen Airport schon vor der offiziellen Eröffnung kennenzulernen. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu besuchen, wenn er fertig ist. Mir erschien der ganze Ablauf schon routiniert ohne größere Probleme zu funktionieren. Einige wenige Passagiere hätten im Realfall ihren Flug verpasst, weil sie zu spät am Gate erschienen – die älteren Leute haben sich verlaufen – aber das passiert ja in der Realität auch. Ich bin gespannt, ob das ganze ab dem 3. Juni auch noch so reibungslos klappt. Zum einen ist es noch eine Menge Arbeit, um aus der Megabaustelle einen fertigen Flughafen zu machen. Zum anderen wurden bei den Testläufen gerade mal zwei Airlines parallel getestet. Im Realbetrieb dürften unter Umständen mehrere Dutzend Flüge parallel eingecheckt werden und die Passagiere so ein Vielfaches an Koffern gleichzeitig abgeben und selbst durch die Sicherheitskontrolle gehen wollen.